Ein Nachruf

Nun hat also das Totenglöckchen geläutet für das Projekt „Altstadt-Outlet Feuchtwangen“. Wie das so üblich ist in solchen Fällen, werden am offenen Sarg noch ein paar freundlich verpackte Unfreundlichkeiten ausgetauscht. Bürgermeister Patrick Ruh gibt sich überrascht und betroffen, obwohl die Kunde vom Exitus in der Stadtverwaltung schon seit 14 Tagen die Runde machte. Und Investor Jan D. Leuze vergießt verbal ein paar bittere Tränen ob des „Lehrgeldes“, das ihn sein Zögling gekostet haben soll. Details, wie sich die fantastische Summe von einer Viertelmillion Euro zusammensetzt, wird er dem Vorhaben vermutlich mit ins Grab legen. Ebenso wie das bis zuletzt nicht veröffentlichte Gutachten, das dem Vorhaben angeblich prächtige Chancen attestiert haben soll.

Monopoly statt „Stadt, Land, Fluss“

Ansonsten aber hält sich die Trauer über das Outlet-Ende in Feuchtwangen in Grenzen. Aus heiterem Himmel kam es schließlich nicht. Die hochtrabenden Pläne scheiterten nicht etwa an den Ambitionen in Dinkelsbühl, es dem ewigen Rivalen nebenan gleichzutun. Der frühe Kindstod nahm seinen Lauf nach jener legendären Bürgerversammlung im Kasten, in der den Feuchtwangern die Idee schmackhaft gemacht werden sollte. Nach diesem Abend waren selbst jene, die das Projekt prinzipiell goutierten, zumindest skeptisch. Was weniger am Konzept selbst als an Jan D. Leuze lag. Arrogant, selbstgefällig, überheblich: Das waren noch die freundlicheren Attribute, die der Mann aus dem Norden für seinen Auftritt erntete. Seine vollmundigen Liebesbekundungen an die Perle am Sulzachstrand wollte ihm am Tag danach kaum noch jemand abnehmen. Vielen Bürgern war klar geworden: Wer Monopoly spielt, hat wenig am Hut mit „Stadt, Land, Fluss“ – und seien sie noch so artenreich.

Feuer und Flamme war niemand

Man kann dem Investor nicht unterstellen, er habe sich nicht redlich und mit einigem Eifer darum bemüht, die Sache voranzutreiben. Dem Projekt zu einer Eigendynamik zu verhelfen, ist ihm indes nicht gelungen. Das ist freilich nicht allein seine Schuld. Es genügt eben nicht, in aller Ruh abzuwarten, dass ein Auswärtiger die Hausaufgaben macht. Ein Projekt dieser Dimension bedarf immer eines Zugpferdes, das Begeisterung versprüht, das sich mit Feuereifer in seine Aufgabe stürzt – und damit andere mitreißt. „In Dir muss brennen, was Du in anderen entfachen willst“: Es ist schon was dran an dieser alten Motivationstrainer-Weisheit. In Feuchtwangen war in der Öffentlichkeit noch nicht einmal ein Glimmen spürbar. Weder Stadt noch Gewerbe wirkten nach außen so, als seien sie Feuer und Flamme für das Altstadt-Outlet. Das, was hinter den Kulissen geschah –der durchaus spektakuläre „Krone“-Deal beispielsweise – wurde den Bürgern eher zurückhaltend vermittelt. Während aus Dinkelsbühl die Pegelstandsmeldungen nur so sprudelten.

Zum Siechtum der Outlet-Idee hat gewiss auch der Zustand der Feuchtwanger Geschäftswelt beigetragen. Nennenswerte Impulse kamen allenfalls von jenen, die sich jetzt als „Gegner“ und somit als Totengräber des Projektes schmähen lassen müssen – dabei haben sie sich zumindest Gedanken darüber gemacht, wie man der kränkelnden Altstadt auch ohne viel Geld von außen neues Leben einhauchen könnte. Ein starkes Wir-Gefühl, ein breites „Gemeinsam-sind-wir-stark“-Credo haben aber auch sie (noch) nicht zuwege gebracht. Wer jemals erlebt hat, welch kleinliche Egoismen bei der Organisation des Altstadtfestes überwunden werden müssen, den mag das freilich kaum verwundern.

Oase an der Touristenachse

Und nun? Wird mit dem Outlet-Vorhaben Feuchtwangens letzte Chance beerdigt? Mitnichten. Als Keimzelle der Regionalbewegung hat Feuchtwangen ein Pfund, mit dem man wuchern kann – gerade auch an der Touristenachse Romantische Straße. Das Markthallenprojekt beispielsweise könnte, zwischen den beiden „Freilandmuseen“ Dinkelsbühl und Rothenburg, einen spannenden und attraktiven Kontrapunkt setzen – eine Oase der Erholung zwischen den Besucher-Hochburgen, eine fränkisch-kulinarische Insel. Aber es braucht dazu jemand, der diese Idee visualisiert, der sie vorantreibt und die Leute dafür begeistert. Jetzt kommt es darauf an, einen charismatischen „primus inter pares“ zu finden, der sich dynamisch an die Spitze der Bewegung stellt. Und Mitstreiter, die bereit sind, sich mit voller Leidenschaft zu engagieren. Im Chor „man müsste mal…“ zu skandieren hilft Feuchtwangen nicht aus der Misere.

WOLFGANG GREBENHOF

Ein Gedanke zu “Ruh in Frieden, Altstadt-Outlet

  1. Sehr gut erkannt!
    So wie es scheint sucht Ruh jetzt dringend nach einem neuen Zauberer von OZ der uns die EinkaufStadt brinģt

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